Von: Kerstin Koblitz An: 5. September 2017 In: Plot & Dramaturgie, Stimmen Comments: 1

Über den Abschluss und die Erfahrungen des Dramaturgie-Moduls mit Kerstin Mehle schreibt Teilnehmerin Kerstin Koblitz:


 

Das Erste, was ich mich bei Kerstin Mehle von Anfang an und dann immer wieder aufs Neue gefragt habe, war: Wie schafft sie es, die verschiedenen Romanprojekte, immerhin sieben an der Zahl, zu memorieren, auseinanderzuhalten und zu jeder Zeit aufzurufen, um etwa eine Plotline zu besprechen, zu verbessern oder zu verändern? Es ist mir ein Rätsel, und ich werde es wohl nie herausbekommen.

Im ersten Seminar haben wir die Grundstruktur der Dramaturgie kennengelernt, die auch sofort angewendet wurde. Im zweiten Seminar ging es um das Ausfüllen der sogenannten großen Mitte, also um die genaue Gestaltung des zweiten Aktes, im dritten Seminar wurde die Dramaturgie verfeinert, eine Plotline erstellt und unsere Exposés, die wir als Hausaufgabe aufbekommen hatten, wurden im Einzelnen besprochen (eine total wichtige Erfahrung, wie und zu welchem Anlass ein Exposé zu gestalten ist).

Diskutiert wurde jedes Projekt bis ins kleinste Detail, da gab es kein Erbarmen. Kerstin Mehle hat, und das fand ich besonders beeindruckend, mit systematischer Visualisierungstechnik die jeweilige Geschichte auseinandergedröselt, entwirrt, entflochten, und damit den gesamten Plot erst einmal ans Licht gebracht. Und so kamen all die Handlungs- und Erzählstränge zutage, die eine wichtige Rolle spielten, aber doch noch unentwickelt oder lückenhaft waren oder sogar in die falsche Richtung führten. Zu keiner Sekunde kam für irgendeinen Teilnehmer Langeweile auf, wenn etwa nicht der eigene, sondern ein anderer Roman besprochen wurde. Im Gegenteil! Die Spannung während einer Romanbesprechung wurde immer größer, der jeweilige Roman immer facettenreicher, immer farbenfroher und verständlicher: An welcher Stelle ist der Auslöser zu setzen, nein, viel zu früh!, wie? Der Midpoint, das geht so nicht, spannender! Ah ja, hier die Klimax, bitteschön, so wird das Ende gut und auch glaubwürdig! Es war beinahe wie in einem Krimi, in dem wir alle mit hoher Emotionalität beteiligt waren. Der Lerneffekt war riesig!

Nach diesem Modul komme ich mir in dramaturgischer Hinsicht richtig weise vor. Mein Roman ist jetzt klar strukturiert, es gibt einen dramaturgisch ausgereiften Handlungsverlauf, eine Plotline, und ich weiß, was ich jetzt, in der Ferienzeit, zu tun habe. Ich kann endlich in die einzelnen Szenen hineingehen, sie mit „Innenfutter“ füllen, weil das dramaturgische Grundgerüst steht. Und zwar ziemlich fest. Das ist ein gutes Gefühl!

Ich bin auch sehr dankbar für die Gruppe selber. Eine solche Lebendigkeit innerhalb der Module kann nur entstehen, wenn die Gruppe funktioniert, will heißen, wenn die Teilnehmer diskussions- und empathiebereit sind und jeden einzelnen mit seinem jeweiligen Projekt absolut ernst nehmen. Das ist nicht selbstverständlich.
Sehr dankbar bin ich auch für Kerstin Mehles Literaturtipp bezüglich meines Romans. Der war ein Volltreffer und öffnet mir für meine Geschichte noch einmal eine weitere Facette zum Thema Gefühlsdeutlichkeit. Wunderbar.

Kerstin Koblitz