Mit großer Freude haben wir erfahren, dass Sabine Eschbach, eine unserer Teilnehmerinnen an der Montségur Akademie 17/18, ein mehrmonatiges Arbeitsstipendium des Förderkreis deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg erhalten hat.
Ich habe mich mit Sabine Eschbach über ihr Projekt unterhalten.
Zunächst einmal ganz herzlichen Glückwunsch von mir und im Namen aller Dozenten der Akademie. Wir kennen dein Projekt natürlich schon, aber kannst du auch den Lesern in einigen Sätzen zusammenfassen, um was es im Kern geht?
Ich bin mit meinem Protagonisten in den 1930er Jahren unterwegs.
Josef, ein Kind mit Asperger-Autismus, lebt in zwei Welten. Seine Außenwelt ist die Dorfgemeinschaft, in der er als Prügelknabe herhalten muss. Dabei wünscht er sich nichts sehnlicher, als dazuzugehören, weiß jedoch nicht, wie es gelingen soll.
Tief enttäuscht und traurig zieht er sich immer wieder in seine innere Welt zurück. Hier gibt es keine Missverständnisse und keine Gewalt, aber eben auch eine große Einsamkeit.
In den Jahren nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten scheint es in seiner äußeren Welt noch schwieriger zu werden: die Propaganda gegen Behinderte und „Ballastexistenzen“ und auch die neuen Gesetze legen eine unsichtbare Schlinge um seinen Hals, die sich immer mehr zuzieht.
Wie kamst du zu dem Entschluss, dich mit deinem Projekt für ein Stipendium zu bewerben?
Da fallen mir gleich mehrere gute Gründe ein:
Zunächst war es die wiederholte Ermutigung von Bettina Wüst, sich um ein Stipendium zu bemühen, auch wenn, oder gerade wenn man noch ein „Niemand“ im Literaturbetrieb ist. Natürlich erfordert eine Bewerbung vor allem ein aussagekräftiges Exposé zu verfassen. Das bedeutet zunächst einen Arbeitsaufwand, der viel Zeit vom eigentlichen Schreiben abzieht. Aber das Exposé schärft den Blick auf das eigene Werk und muss früher oder später sowieso entstehen.
Zum anderen finde ich es wichtig, als Autor nicht immer nur im stillen Kämmerlein zu sitzen, sondern sich zu orientieren, gerade bei einem Romandebut.
Spannend finde ich auch, einen Text einer Jury zu präsentieren, die sich, wie im Falle des Förderkreises, überwiegend aus Autoren zusammensetzt, also aus Leuten, die selber ständig um gute Sätze ringen.
In der Sitzung des Förderkreises hatte dein Text dem Vernehmen nach „wie kein anderer den Zuspruch sämtlicher Juroren“. Was löst dieses Urteil in dir aus?
Über die einhellige Zustimmung der Jury habe ich mich ganz besonders gefreut. Die Beurteilung von Jurymitgliedern, die selber schreiben oder tagtäglich mit Büchern und Texten zu tun haben zeigt mir, dass ich auf einem guten Weg bin und gibt mir darüber hinaus einen dicken Motivations- und Energieschub.
Mit diesem Projekt nimmst du zur Zeit an der Montségur Akademie teil. Brauchst du sie nach dieser Bestätigung überhaupt noch?
Ja klar, was für eine Frage! Ein Stipendium ist eine tolle Sache, aber das sind keine Lorbeeren, auf denen man sich ausruht. Es ist ein Arbeitsstipendium. Und ganz nebenbei – das Buch will ja trotzdem noch fertiggeschrieben werden.
Die Akademie ist mir sehr wichtig, sonst wäre ich für die zwei Jahre gar nicht erst angetreten! Ich begreife sie einerseits als Chance, gutes Handwerk für literarisches Schreiben zu lernen, das ich auf mein Projekt, aber auch auf künftige Projekte anwenden kann.
Andererseits profitieren wir in der Gruppe sehr vom gegenseitigen Vorlesen und Zuhören, vom Feedback und vom respektvollen Umgang mit den jeweils anderen Projekten. Du bist selber Autor, Andreas, und weißt, wieviel Zeit man alleine vor dem weißen Blatt Papier verbringt, wie die Zweifel heimlich zu nagen beginnen und wie oft man beim Schreiben vor Weggabelungen und Entscheidungen steht. Auf meine MitstreiterInnen werde ich hoffentlich auch nach Abschluss der Akademie nicht verzichten müssen, ein Anfang ist schon jetzt mit der bevorstehenden gemeinsamen Schreibwoche gemacht!
Und natürlich freue ich mich über den Rückhalt und die Unterstützung durch die Dozentinnen Bettina Wüst, Kerstin Mehle und Lisa Dickreiter, die auch in den Zeiträumen zwischen den Seminarwochenenden immer ansprechbar sind.
Liebe Sabine, ich danke dir für das Gespräch und wünsche dir auch weiterhin ganz viel Freude und Erfolg mit deinem tollen Projekt!